Sexualität und Medien - merz 3/2021

Sexualität und Medien - merz 3/2021

von: Kathrin Demmler, Bernd Schorb

kopaed - merz / medien+ erziehung, 2021

ISBN: 9783961344284 , 96 Seiten

Format: PDF, OL

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 7,99 EUR

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Sexualität und Medien - merz 3/2021


 

Editorial

Spätestens seit den 1980er Jahren haben sich Medienpädagog*innen mit sexualbezogenen Vorbildern und Orientierungen auseinandergesetzt, die von Filmen, Serien, Musikvideoclips oder Werbung ausgehen. Auch damals standen schon Aneignungs- und Wirkungsfragen im Mittelpunkt. Später wurden dann die neuen Möglichkeiten des Internets, Sexualität auszuleben und auszuprobieren und damit einhergehend erste Ansätze der Internetpornografie diskutiert. Seit Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts sind Datingplattformen, Castingshows oder Porno Rap bewegende Themen. Hinzu kommen Debatten über Sexting und sexualisierte (Self) Celebrification in Plattformen. Deutlich gestiegen ist zudem die Aufmerksamkeit für Menschen mit sexuellen Identitäten, die über die binäre und heteronormative Geschlechtermatrix hinausgehen.

All diese Themen haben auch im Jahr 2021 ihre Aktualität nicht verloren. Gemeinsam mit weiteren Entwicklungen wie der 2017 entstandenen #MeToo-Bewegung und der intensivierten Mediendiskurse über sexualisierte Gewalt (unter anderem in Medienbranche und Kirche) formen sie das weite Themenspektrum, in dem Editorialdas Thema ‚Sexualität und Medien‘ heute zu behandeln ist. Jugendliche eignen sich die medialen Bilder und Diskurse über Sexualität ihrer Zeit – das ist die Konstante – aktiv an und entnehmen ihnen Anregungen und Orientierungen für die Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben. Sie identifizieren sich, sie grenzen sich ab, sie entwickeln Haltungen. Die sie umgebende Medienökologie und deren Struktur prägen sie. Mit ihrer eigenen Kommunikation und Selbstpräsentation gestalten sie diese Umgebung aber auch mit. Wer in welchem Alter mit welchen Inhalten und Ästhetiken in Berührung kommt und diese wie verarbeitet oder selbst produziert, lässt sich immer weniger auf einen Nenner bringen. Nutzungsmuster sind divers und es kann nicht von ‚der Jugend‘ oder ‚den Erwachsenen‘ gesprochen werden.

Die öffentlichen Debatten um das Verhältnis von Sexualität und Medien – auch das eine Konstante – werden hingegen zumeist von ihrem negativen Ende aus geführt. Früher wie heute stehen die vermeintlichen oder tatsächlichen Entwicklungsbeeinträchtigungen im Mittelpunkt, die von den digitalen Medienangeboten wie aktuell etwa Onlyfans oder Fernsehformaten wie ‚Naked Attraction‘ (RTL2) ausgehen (können). Bei der Ausarbeitung des vorliegenden Schwerpunkts leiteten uns zwei Grundsätze: Zum einen wollten wir ganz bewusst kein Pornografieheft gestalten. Zu oft wird das Thema ‚Sexualität und Medien‘ auf dieses Phänomen reduziert. Das Gleiche gilt für die einseitige Betonung von Risiken. Wohl aber interessierten uns die Grenzbereiche. Sexting etwa beschäftigt Medienpädagogik sowie Jugend- und Sozialarbeit weiterhin, es gehört in dieses Heft. Zudem ist sexualisierte und mithin pornografienahe Ästhetik Teil medialer Alltagskultur. Musikstars und Celebrities wie Katja Krasavice haben damit großen Erfolg. Diese Bezüge sollten aus verschiedenen disziplinären Perspektiven beleuchtet und kritisch reflektiert werden.

Zum anderen standen wir vor der Herausforderung, der Vielfalt des Themas gerecht zu werden. Die Themenliste oben zeigt an, was alles in dieser merz hätte ‚drin‘ sein können. Die hier versammelten Artikel stehen in einem doppelten Sinn stellvertretend für diese Vielfalt. Einerseits verweisen sie auf die mediale Vielfalt: von technisch-medialem Sexspielzeug, über Serienformate, bis hin zu Plattformen wie Instagram und YouTube sowie medialem Storytelling.

Andererseits stehen die Artikel für thematische Schwerpunktsetzungen. Sie bearbeiten ganz konkrete Gegenstände, die jedoch allesamt für größere Felder und Fragen stehen, die hier nur angedeutet werden können. Im Laufe der Erarbeitung des Heftes ergab sich ein nicht intendierter Fokus auf die Zielgruppe der Jugendlichen, der in den meisten Beiträgen zu finden ist. Natürlich ist das Themenfeld eigentlich weiter zu sehen, da Sexualität kein exklusives Jugendthema ist....